Maik Krahl The Magic of Consistency
Musiker seines Profils gibt es durchaus einige, noch dazu solche, die
technisch am obersten Level mit der Trompete agieren können. Doch die
Einzigartigkeit von Maik Krahl liegt darin, dass er sich nie auf seinen
Lorbeeren ausruht, sondern jedes Album, jede neue Besetzung als Herausforderung
begreift, als willkommene Möglichkeit, die nächste Stufe auf seiner schon jetzt
imposanten Karriereleiter zu erklimmen. Wer The Magic of Consistency mit dem
2022 erschienen Vorgänger In-Between Flow vergleicht, der wird rasch
feststellen, dass der Zauber der Beständigkeit bei dem 33-Jährigen daran liegt,
immer und überall erstklassige Kompositionen, Top-Besetzungen und herausragende
musikalische Darbietungen abliefern zu wollen. Denn in seiner Lesart bedeutet
das englische Wort Consistency auch Dranbleiben. Das, so Krahl, sei generell
wichtig in der Musik wie im Leben.
Manchmal bringt es einen aber auch weiter einfach etwas für eine gewisse Zeit
liegen zu lassen eine Reifeprozess. Das gehört ebenfalls zur Konsistenz, findet
Krahl. Ist also der Spagat zwischen Beständigkeit und Flexibilität das große
Geheimnis eines erfüllten Lebens, nicht bloß als Musiker? Die Antwort liefert
The Magic of Consistency auf eindrucksvolle Weise. Natürlich stammen alle
Kompositionen wieder einmal vom Bandleader höchstpersönlich. Es sind Stücke,
die den Geist der großen Tage des Jazz atmen, ohne auch nur in einer einzigen
Millisekunde zurückzublicken, altbacken, nostalgisch oder womöglich kopierend
daherzukommen. Das Quartett als reduziertes Besetzungsformat und die Stücke
bieten den Instrumentalisten alle Möglichkeiten, ihre Fähigkeiten in ihrer
ganzen Pracht entfalten zu können.
Krahl sagt, es sei auch mitnichten ein Gegensatz zu seinem Leitmotiv
Beständigkeit, mit Ideen stets flexibel zu operieren. Das bedeutet, eine
klangliche Ästhetik, die einst für Furore sorgte, wie das offen swingende
Klangbild des Quartetts von Gerry Mulligan und Chet Baker, nicht als Dogma zu
betrachten, sondern den eigenen Bedürfnissen anzupassen, wie dies in Le Pin Sec
passiert. Die Musik des in Bautzen geborenen und heute in Köln lebenden
Trompeters modelliert eine variable Skulptur aus dunklen wie hellen Emotionen:
Nachdenklichkeit (Roofless / A Topless Structure in the Middle of Nowhere),
Entschlossenheit (The Magic of Consistency), stilles Glück (Dance for Lovely
Sleepy Humans), mit Händen greifbare Ungeduld (wie im nervösen, Bebop artigen
Colorado Adventure), Neugier (Wolf and Dog / Friendly Encounter), Zupacken
(Waiting for the Third Minute) oder einfach nur Warten (Tragedy of Being in
Time).
Was gerade live ins Ohr sticht, ist die hörbare Lust und Beweglichkeit der
beteiligten Instrumentalisten, Maik Krahl als primus inter pares auf seinem
spannenden Notenweg zu folgen. Und galt der Trompeter, der während seines
Studiums in Dresden und Essen von solch hochkarätigen Lehrern wie Till Brönner,
Malte Burba und Ryan Carniaux unterrichtet wurde, schon vor Jahren als kleine
Attraktion in der Republik, so hat er diesmal wieder ein bisschen
draufgesattelt. Es sind nicht mehr ausschließlich die Balladen, die Krahls
Meisterschaft unterstreichen, sondern mittlerweile auch atemberaubende
Uptempo-Nummern, in denen er den Ritt auf des Messers Schneide zur virtuosen
Königsdisziplin erhebt und seine Kollegen charmant, aber unmissverständlich
dazu zwingt, zu ihm aufzuschließen.
Man muss nicht unbedingt analytisch hinhören, sondern nur seinen Konzerten als
Ganzes nachfühlen. Dann wird man wieder einmal am Schluss verwundert
feststellen, dass Maik Krahl und seine Gefährten kein einziges langweiliges
Stück oder irgendeinen belanglosen Ton gespielt haben. Das Zauberhafte daran
ist, dass dieses unglaubliche Niveau mittlerweile bei ihm zu einem wesentlichen
Teil seiner Beständigkeit geworden ist.
Besetzung:
Maik Krahl Trumpet
Constantin Krahmer Piano
Jakob Kühnemann Bass
Fabian Rösch Drums